Was sind Biologika?

Vereinfachte Darstellung eines DNA-Strangs. iStock.com/from2015

Biologika – auch Biopharmazeutika oder Biologicals genannt – sind Medikamente, die im Gegensatz zu herkömmlichen Arzneimitteln nicht chemisch, sondern biotechnologisch aus lebenden Zellen gewonnen werden.

6 wissenswerte Fakten über Biologika

  • Bei Biologika handelt es sich um Eiweißstoffe (Proteine), die in einem lebenden Organismus hergestellt werden.
  • Biologika greifen gezielt in Mechanismen der Krankheit ein.
  • Unter der Definition Biologika lassen sich viele verschiedene Medikamente zusammenfassen, die auch unterschiedlich wirken.
  • Biologika sind Hightech-Medikamente. Ihre Herstellung erfordert einen sehr hohen technischen Aufwand.
  • Das erste verfügbare Biologikum war Humaninsulin und wurde 1982 zugelassen.
  • Biologika haben neue Wege in der Therapie vieler schwerer und seltener Erkrankungen eröffnet, zum Beispiel bei Rheuma, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und verschiedenen Krebsarten.

Wie funktionieren Biologika?

Alle Biologika haben, wie der Begriff schon vermuten lässt, eines gemeinsam: Sie werden biotechnologisch hergestellt. Bei dieser Medikamentenklasse werden Proteine, also Eiweißstoffe, zu therapeutischen Zwecken genutzt. Denn Proteine übernehmen innerhalb des Körpers lebenswichtige Aufgaben. Sie steuern zum Beispiel den Energiestoffwechsel (Insulin), regulieren das Immunsystem (Interferone und Interleukine) oder stimulieren die Blutbildung (Erythropoetin). Biologika haben somit die Fähigkeit, gezielt in Vorgänge des menschlichen Körpers einzugreifen. Dadurch sind sie in der Lage, die Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten sehr spezifisch zu beeinflussen.

So vielfältig die Funktionen der Proteine im menschlichen Körper sind, so unterschiedlich sind auch die Wirkweisen der verschiedenen verfügbaren Biologika. Ein Ziel einer Therapie mit Biologika kann zum Beispiel sein, bestimmte Botenstoffe im Körper auszuschalten, die für Entzündungsvorgänge verantwortlich sind. In diesem Fall fangen die Biologika diese entzündungsfördernden Substanzen des Immunsystems ab oder besetzen die Stellen, an die sie sich binden würden, und blockieren sie diese somit.

Darüber hinaus können Biologika auch ein Defizit beheben, zum Beispiel einen Insulinmangel bei Diabetes oder einen erblich bedingten Enzymmangel. Auch biotechnologisch hergestellte Antikörper, die unter anderem in der Krebstherapie eingesetzt werden, zählen zu den Biologika.

Die verschiedenen Klassen von Biologika

Die Bandbreite der auf dem Markt verfügbaren Biologika ist groß und vielfältig. Sie lassen sich in mehrere Klassen unterteilen, die wiederum für die Therapie unterschiedlicher Erkrankungen eingesetzt werden.

  • Gerinnungsfaktoren: Bei der Therapie von Patient:innen mit Bluterkrankheit werden biotechnologisch hergestellte Gerinnungsfaktoren (Faktor XIII und Faktor IX) eingesetzt.
  • Fibrinolytika: Blutgerinnsel (Thromben) können mit Hilfe von biotechnologisch hergestellten Fibrinolytika aufgelöst werden. Diese Medikamente sind einem körpereigenen Enzym nachempfunden.
  • Hormone: Auch Hormone können heutzutage biotechnologisch hergestellt werden. Sie kommen bei Erkrankungen, die auf einen Hormonmangel zurückzuführen sind, zum Einsatz – zum Beispiel bei Diabetes.
  • Hämatopoetische Wachstumsfaktoren: Diese Klasse zählt zu den ältesten Biologika. Ihr Einsatz ermöglicht zum Beispiel lebensverlängernde Chemotherapien, indem sie die Patienten vor schwerwiegenden, durch die Krebstherapie bedingten Infektionen schützen.
  • Interferone: Infektionen, Krebs und Autoimmunerkrankungen können mit Hilfe von Interferonen behandelt werden.
  • Interleukin-Hemmer: Durch Interleukine werden vielfältige Prozesse im Immunsystem reguliert. Ihre Hemmung spielt unter anderem bei Rheumatoider Arthritis eine große Rolle.
  • Monoklonale Antikörper: Die Anwendung monoklonaler Antikörper ist sehr vielfältig. Diese Biologika, die körpereigenen Abwehrstoffen sehr ähnlich sind, werden zum Beispiel zur Tumortherapie und bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) eingesetzt.

Wie werden Biologika eingesetzt?

Biologika werden zur Therapie vieler verschiedener Krankheitsbilder eingesetzt. Zu den wichtigsten Erkrankungen, bei denen eine Biologika-Therapie zum Einsatz kommt, zählen:

  • Diabetes
  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
  • Multiple Sklerose
  • Rheumatoide Arthritis
  • Tumorerkrankungen
  • Angeborene Stoffwechsel- und Gerinnungsstörungen

Je nachdem welche Erkrankung mit Hilfe von Biologika behandelt werden soll, unterscheidet sich die Dauer der Therapie. Diese kann zwischen wenigen Tagen (bei Impfungen) und lebenslang (bei der Bluterkrankheit) variieren. Bei einigen Erkrankungen kommen Biologika erst zum Einsatz, wenn andere Medikamente eine unzureichende Wirkung gezeigt haben. Dies ist zum Beispiel bei Rheuma oder CED wie Morbus Crohn der Fall.

In der Regel werden Biologika nicht als Tablette eingenommen, sondern als Spritze oder Infusion gegeben. Man nennt diese Verabreichungsform parenteral.

Wie werden Biologika hergestellt?

Die Entwicklung und Herstellung von Biologika wurde erst durch die moderne Molekularbiologie ermöglicht. Dabei werden gentechnisch veränderte Zellen oder Organismen quasi als Fabriken genutzt, um Wirkstoffe herzustellen.

Die Herstellung von Biologika ist eine äußerst komplexe Angelegenheit, da die Proteine eine komplizierte Struktur aufweisen (kleinere Biologika mit 100 oder mehr Aminosäuren bis hin zu großen Biologika (monoklonale Antikörper) mit mehr als 1.300 Aminosäuren. Denn Proteine haben eine komplizierte Struktur und bestehen häufig aus 100 Aminosäuren oder mehr. Vor der Entwicklung biotechnologischer Herstellungsverfahren war man darauf angewiesen, auf natürliche Ressourcen zurückzugreifen. So wurde Insulin beispielsweise aus tierischen Bauchspeicheldrüsen gewonnen. Heute verwendet man zur Produktion von Biologika Kulturen aus Bakterien, Hefe- oder Säugetierzellen. Damit auch der gewünschte Wirkstoff hergestellt wird, muss eine „Bauanleitung“ in Form einer DNA-Sequenz in das Erbgut der Zellen bzw. Organismen eingeschleust werden.